Markus Ambach Projekte

1. August 2011
Die Ausstellungsräume der Markus Ambach Projekte in Düsseldorf

Die Ausstellungsräume der Markus Ambach Projekte in Düsseldorf

Eigentlich kann man sich nichts Unterschiedlicheres vorstellen als einen Künstler, der aus der Anarchoecke kommt, und eine Einkaufsarcade, in der die Massen dem Konsum frönen. Und doch lässt sich in Düsseldorf Bilk der eine neben der anderen finden.

„Der eine“ ist Markus Ambach, selbst Künstler, aber nun, wie er gerne sagt, in seiner vierten Karriere als Projektautor tätig. Seit zehn Jahren interessiert ihn nicht mehr vordergründig die eigene Werkschöpfung, sondern widmet er sich im Rahmen seiner Projekte unterschiedlichen künstlerischen Sichtweisen.

Sichtweisen worauf? Und wie kann man sich so eine Arbeit vorstellen? Lassen wir Ambach selbst sprechen, klingt das so: „Unsere Pionierarbeit spürt Räume auf, die eher außerhalb politischer und ökonomischer Interessen liegen und erschließt sie thematisch für die städtische Öffentlichkeit.“ Diese Projekte thematisieren, etwas konkreter formuliert, beispielsweise folgende Fragestellungen innerhalb eines künstlerischen Rahmens:

Wie äußert sich Kunst im öffentlichen Raum und wie werden Künstler in die Stadtplanung eingebunden? Welche Funktionen hat ein Stadtpark? Was bedeutet eine Autobahn für ihre Anwohner und wie gehen diese mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen um, die durch die hohe Verkehrsfluktuation dort anzutreffen sind? Antworten darauf gaben Projekte wie stadtraum.org, wildlife und B1|A40 Die Schönheit der großen Straße. Alle entstanden unter Ambachs Regie.

Auf ein Gespräch darüber, wo Kunst aufhört und der Alltag beginnt, will er sich jedoch nicht einlassen. „Die Diskussion endet, wenn man etwas als Kunst deklariert, sei es durch Institutionen, Definitionen oder Räume“, bemerkt er. Und genau deshalb ist man sich bei seinen Projekten manchmal nicht ganz sicher, was eigentlich Kunst ist und welche Sichtweise vielleicht auch von einem Sozialwissenschaftler hätte erschlossen werden können. Aber sympathisch ist diese Grundhaltung in einer Welt voller Etiketten und Labels allemal. Nicht zuletzt gibt ihm auch der Erfolg seiner monatlich stattfindenden, lockeren Veranstaltung wg 3zi/k/bar für Künstler und Gäste im Malkasten Recht.

Seit drei Jahren unterhält Ambach nun auf dem Hochplateau der Düsseldorf Arcaden auf drei Gebäude aufgeteilte Räumlichkeiten, in denen er seine Projekte bündelt. Was ungewöhnlich ist, denn bisher hat er bei der Projektarbeit genau zwei Faktoren priorisiert: die inhaltliche Orientierung an Stadt oder Natur und eine zeitliche Begrenzung ihrer Laufzeit. Letzteres ist bei festen Räumlichkeiten bekanntermaßen schwierig. Wenig ungewöhnlich und leicht zu erraten ist jedoch der Name dieser Projektplattform: Markus Ambach Projekte (MAP). In die Projekte selbst hat der Autor bereits wieder seinen Hunger nach Neuem einfließen lassen, auch wenn er grundsätzlich versucht, sich nicht an ihrer konkreten Umsetzung zu beteiligen. Denn diese Projektarbeit funktioniert ungefähr so: Ambach gibt ein Thema und eine Inspirationsquelle vor und lädt Künstler ein, Werke dazu beizusteuern. Außerdem können diese weitere Künstler einladen, also praktisch die Ausstellung kuratieren und entsprechende Netzwerke aufbauen.

Aktuell so geschehen mit Deserto Rosso, eine Ausstellung inspiriert durch den gleichnamigen Film von Michelangelo Antonioni. Wie auch die filmische Vorlage sollten sich die Künstler mit der Entfremdung des Menschen von seinen Mitmenschen und sich selbst im Zusammenhang mit architektonischer Entwicklung beschäftigen. MAPs Grundstück bietet hierzu den idealen Rahmen, wirkt es doch ähnlich unpersönlich und gefühlsarm wie die filmische Industrielandschaft. Innerhalb der drei vitrinenartigen Gebäude ist eher das Gegenteil der Fall. Obwohl überwiegend schwarz-weiß sind die Werke der hauptsächlich jungen Künstler bunt gemischt und teilweise nicht voneinander abzugrenzen: Der Ton eines Videos übertönt den Genuss bildnerischer Werke, das Licht der einen Installation beleuchtet eine andere, Kaffee liegt auf Lautsprecherboxen verschüttet. Etwas anarchisch zusammengewürfelt wirkt da so einiges und ist ergo nicht für jedermann erschließbar – aber eigentlich geht es Ambach genau um Ersteres, also um die Mischung der unterschiedlichen Sichtweisen und die Möglichkeit zu neuen Assoziationen. Und um Zweiteres zu vermeiden führt er den Besucher auch gerne mal durch die Ausstellung.

Ambachs Freude an Überraschungsmomenten ist unübersehbar. Dazu passt sein Ausstellungskonzept, von dessen Ergebnis er nicht alles bis ins kleinste Detail kennt (gelegentlich auch nicht, wie der DVD-Player zum Laufen gebracht wird) und innerhalb welchem er sich sprechdenkend an neuen Bezügen, Ideen und Perspektiven erfreuen kann. Dazu passt seine Vorliebe für junge Künstler, die frische Ideen einbringen. Dazu passt auch, dass er schon wieder Neues plant. Beispielsweise zusammen mit der Kunsthalle eine Gesprächsreihe über öffentliche Räume in Düsseldorf für September dieses Jahres. Eine Gesprächsreihe, die der Kunst an den aktuellen einschneidenden Veränderungen im Düsseldorfer Innenstadtbereich mehr Raum eröffnen soll. Aber ist ein anderes Format immer gleich eine neue Erkenntnis? Wie oft diese Rechnung aufgeht, wird Ambach sicherlich noch häufiger ausprobieren.

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