Dieter Blum, Foto Michael W. Driesch

Dieter Blum, Foto Michael W. Driesch

Der Raum erinnert an ein Büro, er ist mit Arbeitstischen, PCs und Ablagefächern ausgestattet; auf dem Boden liegen Dokumente. Vor Kurzem hat Dieter Blum (*1936) hier aufgeräumt und findet genau deshalb – nichts. Ein produktiver Mann an seinem überbordenden Arbeitsplatz wie jeder andere, scheint es. An der Wand seines Ateliers hängen überdimensionale Fotografien von einsamen Cowboys, die sich erhobenen Hauptes der Wildnis stellen; sie zeigen kein Fünkchen Schwäche, eine Zigarette hängt in ihren Mundwinkeln. Blum selbst raucht nicht, und weil er mit Hannes Schmid der einzige europäische und zudem einer der erfolgreichsten Fotografen für die Zigarettenmarke Marlboro ist, nennen ihn seine Töchter einen Pharisäer.

Es gibt Künstler, die entwickeln elaborierte Theorien und verlieren sich verliebt in Details, wenn das Gespräch auf ihre Kunst kommt. Es gibt jene Künstler, die eher auf Selbstdarstellung als auf Kunst setzen. Und dann gibt es jene, die intuitiv ab durch die Mitte reiten. Zu Letzteren gehört Dieter Blum. Er erzählt mir die Anekdote, wie er 1986 das stagnierende Projekt einer US-amerikanischen Werbeagentur in drei Tagen löste. Ohne Umschweife, zack. Neun Monate lang hatte die Agentur versucht, die beiden Terminals der Fluggesellschaft American Airlines in Dallas (Texas) auf ein Foto zu bekommen. Dies ging nur von der Luft aus, aber der zuständige Senat stellte sich quer, wollte den Flugbetrieb nicht stören. Blum reiste an, rief sofort beim Boss einer Helikopterfluggesellschaft an und konnte zwei Tage später zur Hauptverkehrszeit um 12:30 Uhr 45 Minuten lang die ersehnten Bilder schießen.

Nicht minder überrumpelt wie der Creative Manager, der nicht einmal ein Budget für Blums Aktion eingeplant hatte, waren vermutlich viele der Künstler, die der Fotograf mit einem Aktmodell in ihrem Atelier besuchte und sie aufforderte, über die junge, nackte Frau im Sinne ihrer jeweiligen Kunst zu verfügen. Vor 20 Jahren entstanden die ersten Bilder im Rahmen einer Serie für den „Stern“. Seitdem ist Blum dem Mythos des schaffenden Künstlergenies auf der Spur gewesen, indem er die Trias Künstler-Atelier-Modell fotografisch festgehalten hat. 53 Künstler sind nun in seinem jüngst erschienenen Bildband A Part of Art vertreten, darunter Louise Bourgeois, Sandro Chia, Jörg Immendorff, Alex Katz, Markus Lüpertz, Heinz Mack, Nam June Paik, Robert Rauschenberg, K.R.H. Sonderborg, Günther Uecker und Tomi Ungerer.

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